Dienstag, 4. November 2014

Orbán-Freund Bayer zu Strafzahlung verurteilt


Budapester Gericht bestätigt Lunacek-Klage

Ungarischer Journalist und Orbán-Freund zu Strafzahlung verurteilt


Das Amtsgericht Budapest hat heute der Klage von Ulrike Lunacek gegen den ungarischen Journalisten Zsolt Bayer in allen Punkten Recht gegeben. Das Gericht bestätigte, dass Bayer durch seine beleidigenden Aussagen im ungarischen Fernsehen Lunaceks Persönlichkeitsrechte verletzt hat und verurteilte ihn zu 500.000 Forint (rd. 1600 Euro) Strafzahlung – das erstinstanzliche Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zum Hintergrund:
Im Februar 2012 hat der bereits vorher mit antisemitischen Tiraden und Anti-Roma-Ausfällen berüchtigt gewordene Journalist und Orbán-Freund Zsolt Bayer in einer Diskussionssendung im ungarischen Echo TV wüste Beschimpfungen und Unterstellungen gegen die Grüne Europaabgeordnete Ulrike Lunacek, die damalige EU-Kommissarin Neelie Kroes und das Europäische Parlament insgesamt getätigt. Nachdem Lunaceks Klage gegen Bayer von der Ungarischen Medienbehörde wegen Nichtzuständigkeit zurückgewiesen wurde, hat sie eine Privatklage gegen Bayer beim Amtsgericht Budapest eingebracht, die heute in ihrem Sinn entschieden wurde.

Lunacek in einer ersten Reaktion auf das heutige Urteil:
„Ich begrüße das Urteil des Budapester Amtsgerichts und freue mich, dass die ungarische Justiz hier ein eindeutiges Zeichen gegen diesen Verbalradikalismus gesetzt hat. Zsolt Bayers unerträgliche Beschimpfungen und Herablassungen gegenüber ungarischen Roma sowie seine antisemitische Hetze haben bewiesen, wessen Geistes Kind er ist. Bayers Beschimpfungen gegen mich und das Europaparlament waren keine Ausrutscher, sondern stehen in einer Reihe menschenverachtender Polemik, die jedes Maß eines gerechtfertigten politischen Schlagabtausches verloren hat. In diesem Sinn habe ich meine Klage auch stellvertretend für alle jene gesehen, die von Zsolt Bayer in ähnlicher und teils schlimmerer Weise beschimpft und herabgewürdigt wurden und deren persönliche Integrität er dadurch schwer verletzt hat. Dass ein derartiges Verhalten Konsequenzen hat, überall und auch in Ungarn, hat das Budapester Amtsgericht heute bewiesen.“

Pressemitteilung vom Büro der Ulrike Lunacek, MEP
Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments

Montag, 27. Oktober 2014

was wirst du an jenem tag machen?




gerygreyhound: an dem wir aus der union austreten?

szeleftheria: ich stell mich um ein visum an.

pnxntdd: ich werde um staatsbürgerschaft betteln in einem land, in dem ich im schlimmsten fall verhungere, aber wenigstens frei bin. in einem land, in dem sie die fremden hassen, wie noch nie (~10 %), aber dort werden sie mich wenigstens „zu recht“ anspucken, nicht so wie hier… 

szopiszuri: Ich denke mir, ich kann nirgendwo in europa so fremd sein wie dort, wo der gedanke überhaupt aufkommen kann, dass man aus EU austritt. Die flucht ins ausland ist in wirklichkeit eine heimkehr nach europa – und wenn das wirklich geschieht, werde ich abstreiten, dass ich jemals irgendwas mit ungarn zu tun hatte.


Samstag, 18. Oktober 2014

Tilos-Radio wird von Fidesz nun endgültig mundtot gemacht



Das Budapester Tilos-Radio, das dem Fidesz schon in seiner ersten Regierungszeit 1998-2002 ein Dorn im Auge war, scheint nun endgültig abgewürgt zu werden. Geschafft hat das die Ungarische Medienbehörde mit missverständlichen Frequenzausschreibungen und einer nachträglichen willkürlichen Auslegung derselben.

Seit Orbán und seine Bagage in Ungarn am Ruder sind und sich ein Mediengesetz gebastelt haben, mit dem sie sich kritische Stimmen einfach vom Hals schaffen können, haben schon einige Radios daran glauben müssen. Nachdem dem ursprünglich landesweit sendenden, regierungskritischen Klubradio alle Frequenzen im Land bis auf die Budapester genommen wurden, wird nun wohl bald das freie Tilos-Radio, das nur in Budapest sendet, verstummen.
Tilos wurde Anfang der 90er Jahre als Piratenradio gegründet, erhielt später dann eine Frequenz als freies Radio, war aber auf der rechten politischen Seite stets als unliebsam liberal und „verjudet“ verschrien. Unter Fidesz I wurde ihm einmal schon die Frequenz aberkannt, nun ist die Frequenz wieder abgelaufen und wurde von der umstrittenen Medienbehörde neu ausgeschrieben. Die Behörde hat schon einige Male von sich reden gemacht, weil sie neugegründeten (natürlich Fidesz-nahen) Firmen ohne Radioerfahrung Frequenzen zugesprochen hat und altgediente Radiostationen kurzum abgedreht wurden.
Nun – Tilos Radio wurde Anfang September von der Medienbehörde verständigt, dass es Mängel in der Frequenzbewerbung gäbe, dass ihrer Meinung nach der Betrieb des Radios für die ersten drei Monate nach einer etwaigen Frequenzzuteilung nicht gesichert sei bzw. dass den Unterlagen keine Bestätigung beiliege, aus der hervorgehe, dass die Geldsumme, die vom Radio schon in weiser Voraussicht von Schikanen auf dem Konto des Radios gesperrt wurde, auch wirklich für den Betrieb des Radios aufgewendet würde. Die Aufforderung zur Nachreichung und die Art der Bestätigung konnte weder von den Leuten in der Bank noch vom eigenen oder dem Rechtsanwalt des Bankinstituts eindeutig verstanden werden. Auf Anfrage um genauere Erläuterung bei der Medienbehörde wurde dem Radio mitgeteilt, dass ja eh alles in der Aufforderung zur Nachreichung stehe.
Wie sich nun herausstellte, war das aber nicht das Problem. Die Behörde hat die Bewerbung des Tilos-Radio um eine Frequenz nun für ungültig erklärt, weil die leeren (und durchgestrichenen*) Rückseiten der Bewerbungsunterlagen nicht eingescannt waren.
Die Bewerbungsunterlagen machten 467 Seiten aus und mussten in zweifacher Ausführung und auf 6 CDs, eingescannt, eingereicht werden. Mit der Begründung, dass die Scans der Rückseiten auf den CDs fehlen und dies ein Formfehler sei, wurde der Antrag des Tilos Radios für ungültig erklärt. Somit hat Fidesz sich einer weiteren kritischen Stimme so gut wie entledigt.

Im letzten Monat war das Radio auch schon von der Steuerbehörde NAV (deren Leiterin nun Einreiseverbot in die USA erhalten hat) schikaniert worden.

*In den letzten Jahren muss man in Ungarn auch mit den Rückseiten von Verträgen etc. vorsichtig sein, denn von Fidesz-Behörden wurden schon viele Anträge und Bewerbungen von nicht Fidesz-nahen Organisationen und Firma abgelehnt, für ungültig erklärt, weil die leeren Rückseiten nicht durchgestrichen oder bei Verträgen von beiden Vertragsparteien unterschrieben waren.


Quellen: interne Tilos-Mailingliste, 
http://444.hu/2014/10/18/nem-szkenneltek-be-a-palyazati-lapok-hatoldalait-bukta-a-tilos-a-frekvenciapalyazatot/
http://tilos.hu/
http://cink.hu/a-hatalom-a-tilos-radiot-kostolgatja-1647967866/all

Samstag, 20. September 2014

Verbrennung israelischer Fahne keine Straftat

Das Bezirksgericht des 2./3.-Budapester Gemeindebezirks sprach den Jobbik-Politiker Balázs Lenhardt frei, er hatte im Dezember 2012 auf dem Budapester Bem Platz gemeinsam mit seinen Anhängern, die antisemitische Parolen skandierten, eine israelische Fahne verbrannt und war wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses (Landfriedensbruchs) angeklagt worden.

Die "Bewegung Wächter der karpathischen Heimat" (Kárpát Haza Őrei Mozgalom) und der "Gardebund" (Gárdaszövetség) hatten vor dem ungarischen Außenministerium eine antizionistische Demonstration veranstaltet, bei der während der Entzündung der Fahne Rufe wie "Dreckige Juden!" und "Nach Auschwitz mit ihnen!" zu hören waren.
Daraufhin wurde Balázs Lenhardt von der Polizei verhaftet, wurde aber - nachdem er sich auf seine parlamentarische Immunität berief - wieder auf freien Fuß gesetzt.

Die Staatsanwaltschaft leitete Erhebungen ein, Lenhardt wurde aber jetzt von allen Anklagepunkten freigesprochen.
Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein, das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Prozess wird vor dem Budapester Stadtgericht fortgesetzt.

Das Urteil wurde wie folgt begründet: Es handelte sich um kein gemeinschaftswidriges Verhalten, die Fahnenverbrennung war eine politische Meinungsäußerung des Angeklagen und zweier seiner Kollegen.
Das Gericht hatte nur die Fahnenverbrennung zu untersuchen, dabei wurde ein früheres Urteil der Kurie herangezogen, nach dem sich Lenhardt durch die Verbrennung einer EU-Fahne keiner Erregung öffentlichen Ärgernisses (Landfriedensbruchs) schuldig gemacht hat.
Bezüglich der Rede, die auf der Veranstaltung gehalten wurde, ermittelte nicht das Gericht, sondern die Staatsanwaltschaft und die diesbezüglichen Vermittlungen wurden bereits voriges Jahr eingestellt.

http://index.hu/belfold/2014/09/19/nem_buncselekmeny_izraeli_zaszlot_egetni