Freitag, 25. Januar 2008

das haus verlassen...

was man nicht so alles erlebt, wenn man einmal das haus verläßt und mit leicht verschwollenen, aber weit geöffneten augen durch die stadt schreitet: auf dem fußweg nach hause vom keleti bahnhof habe ich von der rákoczi út aus gesehen, daß aus einem haus starker rauch quillt. nachdem ich schon lange nicht mehr gaffer gewesen bin, bin ich mit raschen schritten zum haus - feuerwehr, polizei alles da. ein haufen schaulustiger, inzwischen schlugen schon flammen aus dem 7. stock des hauses und langsam glühte die wohnung, wie holzscheite im ofen glühen, hellrot. einen stock höher stand ein altes mütterlein auf dem balkon. übers geländer gebeugt, damit sie luft bekommt, denn alles rund um sie ist voller schwarzen rauchs. die feuerwehr versuchte mit einer hebebühne hochzufahren, was nicht gleich gelang, weil - wie ihr üblich - sich ein kabeldschungel über die straße spannte, und dann reichte die hebebühne nicht ganz zum balkon. die zwei feuerwehrleute standen neben ihr und beruhigten sie. rund um mich und hinter mir besserwisser, die die feuerwehrleute mit den liebsten vorstellbaren namen benennen, warum sie denn nicht endlich zu löschen begönnen. irgendwelche jugendlichen idioten schreien zur alten hinauf: spring! ich hab mirs nicht verbeißen können und mußte die überklugscheißer belehren, woraufhin sie das maul hielten. in ungarn kann man auf die polizei schimpfen, auf die ärzte, die parkwächter, vielleicht sogar auf das heer. aber auf die feuerwehrleute nicht. das verbitte sogar ich mir.

Mittwoch, 16. Januar 2008

wie ich volkskundler geworden und hierhergekommen bin


ich habe in wien zu studieren begonnen. habe keine sau gekannt, bin also im ersten jahr sehr einsam gewesen im studentenheim und überhaupt. in österreich gibt's keinen solchen zusammenhalt mehr zwischen den studenten bzw. hat es ihn 1991 nicht mehr gegeben. die gleichgültigkeit war dort schon weiter fortgeschritten als hier. es ist mir also nicht gelungen, innerhalb eines jahres jemanden kennenzulernen, mit dem man plaudern, sich ab und zu treffen hätte können. ich war sehr viel allein. der bub vom land plötzlich in der großen stadt. wenige menschen ertragen solche einsamkeit, ohne sich irgendetwas anzutun. auch ich habe mir was angetan: ich habe zu fressen begonnen. habe mich von meinem normalgewicht - 78 kg bei 1,80 m - innerhalb von 8 monaten um 20 kg entfernt. ich habe mir also 20 kg hinaufgefressen.
auch meine studienwahl war von anfang an unglücklich: ich habe mit anglistik begonnen, nebenbei finno-ugristik. an der uni wien studierten damals 2.500 leute anglistik. also keine chance, irgendjemanden kennenzulernen. dann hab ich es mit publizistik versucht (4.000 studenten). und dann hab ich zufällig eine klassenkameradin aus der mittelschule getroffen, die ähnliche probleme gehabt hat. sie hat mich gefragt, ob ich mir nicht mit ihr das institut für volkskunde anschauen möchte - die beschäftigten sich mit bräuchen usf. hat sie gemeint. dann sind wir dort hingegangen. ein ganz kleines institut war das, heruntergekommen. bei der eingangstür ist eine kaffeemaschine gestanden mit häferln und der einem hangeschriebenen zettel: die pt. kollegen werden gebeten, die häferl nach dem kaffeekonsum abzuwaschen.
im sekretariat war ein riesiges chaos, das instutsfaktotum (ein 55jähriger mann, der ein bißchen zu klein geraten war und einen langen grauen bart trug) saß inmitten von bücherstößen und hatte einen großen vogelkäfig mit zebrafinken aufgehängt, ein bonsai stand im fenster, der hund der sekretärin (wie ich später erfuhr) lag mitten im weg, so daß man über ihn klettern mußte, wenn man sich am pult nach etwas erkundigen wollte...
dort bin ich dann geblieben. 80 studenten am ganzen institut. und dazu die finno-ugristik, wo es genauso viele waren.
es hatte was mit der überschaubarkeit des institutes zu tun und uninteressant war das ganze nicht, muß ich sagen; auf jeden fall interessanter als englische literatur oder ähnliches gewäsch.
es hat lange gedauert, bis ich fertig geworden bin - erst 2001 hab ich mein diplom gemacht; mit einer diplomarbeit über die csíksomlyói búcsú, einer ungarischen wallfahrt in siebenbürgen.

warum/wie ich nach/auf ungarn gekommen bin?
in unserem gymnasium fand ich auf dem schwarzen brett im jahre 1989 einen hangeschriebenen zettel mit adressen von schülern aus ungarn, die gern einen brieffreund hätten. ich hab mit ein paar adressen ausgesucht und geschrieben. ein gewisser lajos himmel aus kőbánya hat mir zurückgeschrieben, in schlechtem englisch und lauter uninteressantes und belangloses zeug. ich habe zurückgeschrieben, das ist so ein paar mal passiert und dann hat mich dieser lali nach ungarn eingeladen. ich will hier die folgenden schrecklichen ereignisse nicht weiter beschreiben (er hat sich eigentlich nicht um mich, sondern nur um seine freundin gekümmert, das tag und nacht, intensivst, auch neben mir).
nachdem ich damals noch diplomatischer war als heute, suchte ich nach einer möglichkeit - von ihm wegzukommen, ohne ihn zu beleidigen (ich habe von ihm seitdem nichts mehr gehört). ich ließ mir ein telegramm von zuhause schicken, daß ich dringend nach hause müßte. und im zug nach hause (am 11. august 1990) hab ich dann ein mädchen kennengelernt (anikó - worüber ich heute noch schmunzeln muß: ich dachte mir, anikó sei ein japanischer name, er klingt eigentlich auch heute noch japanisch für mich, und ich konnte nicht verstehen, warum ein ungarisches mädchen einen japanischen namen haben sollte), hab mit ihr briefeschreiben begonnen, dann hat sie mich eingeladen und gleich schlecki-schlucki usf. das ganze hat anderthalb jahre gedauert, sie hat dann einen deutschen geheiratet - hat zwei kinder und ist schon wieder geschieden. jetzt ist sie in budapest und das feuer, das dereinst in ihren augen gelodert hatte, ist verloschen.

der grundstein für eine engere beziehung mit ungarn war also gelegt.
dann war ich in 95/96 in debrecen studieren. liebe usw. später dann in budapest und bin halt hier geblieben.
habe alles mögliche gearbeitet, die eine zeitung, die andere zeitung; übersetzungen und dann schließlich diese arbeit an der tu bekommen.
so schaut's aus.

der garten war ihre liebe

die folgenden zeilen wurden von mir schon 2004 geschrieben. da ich heute wieder auf einem begräbnis war, hab ich sie mir neuerlich durchgelesen:

Mi, 18.02.2004 14:24

bin gerade von einem begräbnis zurückgekommen. schon vor mehr als einem monat ist eine kollegin von mir gestorben, meine zimmerkollegin sozusagen. wir haben die schreibtische gleich nebeneinander gehabt. sie war für den holländischen sprachunterricht zuständig, eigentlich ein unerträgliches frauenzimmer, schrill, laut, rechthaberisch; doch ich habe sie gemocht.
in einem kleinen häuschen hat sie gelebt, am rande budapests, der garten war ihre liebe. geraucht hat sie wie ein fabriksschlot, dauernd - und das war wohl auch ihr verhängnis. kein krebs. es war ganz überraschend. lungenentzündung und dann ein hustenanfall: lungenembolie. und ihre nachbarin hat die polizei gerufen, weil sie sie schon zwei tage nicht gesehen hatte.
zum begräbnis bin ich natürlich zu spät gekommen, bei budapests öffentlichem verkehr, und der tatsache, daß der friedhof am fuße der budaer berge liegt, kein wunder. draußen, vor der aufbahrungshalle bin ich gestanden; in diesem moment dachte ich mir, wenn zu meinem begräbnis einmal so viele leute kommen, kann ich mich nur freuen...
nach dem ende der messe - nach reformiertem ritus - der pastor hatte dauernd betont, daß er sie seit 20 jahren gekannt hätte, sie nicht gläubig im ursprünglichen sinne, aber doch ein guter mensch war (mir gegenüber hatte sie einmal gemeint, sie glaube an keinen gott); trotz dieser angeblich langen bekanntschaft sprach er dauernd ihren namen falsch aus.
nach dem ende der messe stellte sich heraus, daß nicht die trauernden so zahlreich waren, sondern der raum so klein.
man hatte sie eingeäschert, ich weiß nicht, warum sich menschen freiwillig verbrennen lassen; aber es sei ihr wunsch gewesen; barbarisch. die einäscherung ist die billigere variante, kein sarg, kein totenhemd, der tote körper muß nicht hergerichtet werden, eigentlich nicht einmal gewaschen. eine pappendeckelschachtel und hinein ins krematorium. so entledigt man sich seiner endgültig. der mensch ist aus staub geworden, und wird wieder zu staub. nur wird hier ein bißchen nachgeholfen, das ganze ein bißchen beschleunigt.
bei den juden ist die einäscherung verboten. wird der körper verbrannt, kann man am jüngsten tage nicht wieder auferstehen. ist doch der körper futsch. das leuchtet mir ein.
das porzelanhäferl mit der asche ist dann in einen glassturz mit vergoldeten tragegriffen gestellt worden, ins auto und dann ein kurzer trauerzug: ein versoffener totengräber hat eine kleine totenglocke geläutet, vier andere haben die urne im familiengrab verscharrt - einer hat geschaufelt, die anderen drei sind in ihren speckigen mausgrauen leinensakkos daneben gestanden, haben ein ernstes gesicht gemacht und sind, nachdem die letzte schaufel erde ins das kleine loch zurückgeschmissen war, auf ihre friedhofsdienstfahrräder gesprungen und davongesaust.
geweint hat keiner, dem pastor ist dauernd beim singen die stimme weggeblieben, wir standen im schlamm.
mach's gut, kata!

Samstag, 5. Januar 2008

verkehrserziehung in der republik schilda

im ungarischen verkehrsministerium hat jemand wieder einmal eine geniale [sprich: scheniale] idee gehabt, wie man nun den endlich die verkehrsmoral der ungarn verbessern könnte: wer jetzt an verkehrsunterricht in den schulen denkt, der irrt sich. wer an verstärkte polizeipräsenz denkt, an polizisten, die zuerst einmal verwarnen und nicht gleich frauen vergewaltigen, der irrt sich. wer an den ankauf von vielen radargeräten denkt, der irrt sich.
dieser vifzack aus dem ministerium ist der überzeugung (vielleicht war es auch ein verkehrssicherheitsausschuß, bestehend aus lauter vifzacken), daß eine erhöhung der strafen in unvorstellbare höhen dieses verkehrsmoralproblemchen löst und schwipp-schwupp das eu-ziel bezüglich der verkehrstoten erreicht ist. die strafen für schnellfahren liegen also ab mai bei mindestens 30.000 ft. (120 €) [auch bei 10 km/h schon], eine höhe, die es in zivilisierten ländern nicht wirklich oft anzutreffen gibt; viel öfter und von der laune des polizisten abhängig wird aber wohl eine strafe von 300.000 ft. (1200 €) verhängt werden, wie es von offiziellen stellen geheißen hat - z.B. für bei rot über die kreuzung fahren.
ein weiterer geniestreich ist die verordnung, daß man außerhalb des ortsgebietes nur mehr mit warnwesten radfahren und spazierengehen darf. so ist es halt in der republik schilda. nichts wirklich verändern wollen...

Dienstag, 1. Januar 2008

schengen auf österreichisch


seit 21. dezember sind auch die grenzen zwischen "ost"- und mitteleuropa passé, die grenzkontrollen abgeschafft, der schengenraum erweitert. sagt man zumindest. offiziell ist es so. an der tschechischen grenze, also hier bei uns, hat man natürlich wieder einmal eine eigene lösung gefunden - zollkontrollen an der grenze gibt es wahrlich keine mehr, jetzt kontrolliert die polizei. und zwar fast jeden; pässe werden gemustert und sehr viele kofferräume durchwühlt. offizielle stellen meinen, sie hätten ein recht dazu, und es muß die sicherheit der staatsbürger garantiert werden (weil bisher nie dunkle gestalten über die grenze gekommen sind...).
österreich setzt sich wieder einmal über europäische vereinbarungen hinweg. dann soll doch unser landeshauptmann wieder stacheldraht und selbstschußanlagen an der grenze aufstellen lassen. jetzt einmal auf dieser seite. ich verstehe das einfach nicht.
zu dem ganzen kommt noch ein pikantes detail: laut homepage der europäischen komission dürfen aus der tschechei ab 2008 - so wie es in der gesamten eu ist - 4 stangen zigaretten eingeführt werden. auch über diese regelung setzt sich österreich hinweg, um die trafikanten* zu schützen; in den zeitungen werden gezielt falsche informationen lanciert: 1 stange. bzw. eine stange mit nicht deutschem warnaufdruck. was ist das für eine eigenartige regelung? weil wir raucher deutsche aufschriften brauchen, um darüber informiert zu werden, daß rauchen schädlich ist? darf ich dann aus spanien auch nur eine stange mitnehmen? das widerspricht aber ärgstens den eu-zollregelungen und keiner erhebt dagegen das wort. hier geht es ums prinzip: was ist das nächste dann? dürfen bald nur mehr feinrippunterhosen eingeführt werden, die eine staatlich vorgeschriebene eingrifflänge haben?
österreich ist mitglied der eu und in der eu können staatliche monopole nicht mehr eifersüchtig gehütet werden, weil das dem prinzip des freien marktes widerspricht. drum versucht man es von hinten herum: die österreicher - obrigkeitsgläubig wie die deutschen - werden durch gezielte falschinformationen dazu gebracht das nicht mehr vorhandene staatliche monopol "freiwillig" noch ein wenig weiter zu unterstützten. jetzt reicht's mit dem verarschen der wähler aber langsam wirklich meine lieben herren und damen in der politik.

* das österreichische tabakmonopol wurde von maria theresia ins leben gerufen. bis zum heutigen tag dürfen zigaretten zum amtlich festgelegten preis nur in trafiken verkauft werden. die trafiken - das tabaksverkaufsrecht - erhielten nach dem 1. weltkrieg und auch dem 2. kriegsversehrte, die hände oder beine verloren hatten; sie arbeiteten also in einer geschützten werkstätte. das eigenartige war immer schon, daß das tabaksverkaufrecht vererbt wurde: heute also pumperlgesunde menschen diese trafiken besitzen, die keinen krieg und keine not erlebt haben, geschäfte ohne konkurrenz führen und dann jetzt auch noch sudern, daß sie solche geschäftseinbußen haben, weil die leute an der grenze ihre tschicks über der grenze kaufen. und der staat rüstet zum schutz der privilegierten, wie es sich ein einem konservativen staat ja gehört.

[ergänzung] die österreichische tschick-clownerie mit den deutschen warnaufschriften IST ein eu-gesetzesbruch:
Richtlinie 66/683/EWG der Kommission vom 7. November 1966 für die Beseitigung jeder unterschiedlichen Behandlung zwischen inländischen Waren und den gemäß Artikel 9 und 10 des Vertrages zum freien Verkehr zuzulassenden Waren auf Grund von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die die Verwendung der genannten eingeführten Waren untersagen und die Verwendung inländischer Waren vorschreiben oder eine Vergünstigung von einer solchen Verwendung abhängig machen.
http://eur-lex.europa.eu/de/repert...m#02401010