Das Budapester Tilos-Radio, das dem Fidesz schon in seiner
ersten Regierungszeit 1998-2002 ein Dorn im Auge war, scheint nun endgültig
abgewürgt zu werden. Geschafft hat das die Ungarische Medienbehörde mit
missverständlichen Frequenzausschreibungen und einer nachträglichen willkürlichen
Auslegung derselben.
Seit Orbán und seine Bagage in Ungarn am Ruder sind und
sich ein Mediengesetz gebastelt haben, mit dem sie sich kritische Stimmen
einfach vom Hals schaffen können, haben schon einige Radios daran glauben
müssen. Nachdem dem ursprünglich landesweit sendenden, regierungskritischen Klubradio
alle Frequenzen im Land bis auf die Budapester genommen wurden, wird nun wohl
bald das freie Tilos-Radio, das nur in Budapest sendet, verstummen.
Tilos wurde Anfang der 90er Jahre als Piratenradio
gegründet, erhielt später dann eine Frequenz als freies Radio, war aber auf der
rechten politischen Seite stets als unliebsam liberal und „verjudet“
verschrien. Unter Fidesz I wurde ihm einmal schon die Frequenz aberkannt, nun
ist die Frequenz wieder abgelaufen und wurde von der umstrittenen Medienbehörde
neu ausgeschrieben. Die Behörde hat schon einige Male von sich reden gemacht,
weil sie neugegründeten (natürlich Fidesz-nahen) Firmen ohne Radioerfahrung
Frequenzen zugesprochen hat und altgediente Radiostationen kurzum abgedreht
wurden.
Nun – Tilos Radio wurde Anfang September von der
Medienbehörde verständigt, dass es Mängel in der Frequenzbewerbung gäbe, dass
ihrer Meinung nach der Betrieb des Radios für die ersten drei Monate nach einer
etwaigen Frequenzzuteilung nicht gesichert sei bzw. dass den Unterlagen keine
Bestätigung beiliege, aus der hervorgehe, dass die Geldsumme, die vom Radio
schon in weiser Voraussicht von Schikanen auf dem Konto des Radios gesperrt
wurde, auch wirklich für den Betrieb des Radios aufgewendet würde. Die
Aufforderung zur Nachreichung und die Art der Bestätigung konnte weder von den
Leuten in der Bank noch vom eigenen oder dem Rechtsanwalt des Bankinstituts eindeutig
verstanden werden. Auf Anfrage um genauere Erläuterung bei der Medienbehörde
wurde dem Radio mitgeteilt, dass ja eh alles in der Aufforderung zur Nachreichung
stehe.
Wie sich nun herausstellte, war das aber nicht das Problem.
Die Behörde hat die Bewerbung des Tilos-Radio um eine Frequenz nun für ungültig
erklärt, weil die leeren (und durchgestrichenen*) Rückseiten der
Bewerbungsunterlagen nicht eingescannt waren.
Die Bewerbungsunterlagen machten 467 Seiten aus und mussten
in zweifacher Ausführung und auf 6 CDs, eingescannt, eingereicht werden. Mit
der Begründung, dass die Scans der Rückseiten auf den CDs fehlen und dies ein
Formfehler sei, wurde der Antrag des Tilos Radios für ungültig erklärt. Somit
hat Fidesz sich einer weiteren kritischen Stimme so gut wie entledigt.
Im letzten Monat war das Radio auch schon von der Steuerbehörde NAV (deren Leiterin nun Einreiseverbot in die USA erhalten hat) schikaniert worden.
*In den letzten Jahren muss man in Ungarn auch mit den
Rückseiten von Verträgen etc. vorsichtig sein, denn von Fidesz-Behörden wurden
schon viele Anträge und Bewerbungen von nicht Fidesz-nahen Organisationen und
Firma abgelehnt, für ungültig erklärt, weil die leeren Rückseiten nicht
durchgestrichen oder bei Verträgen von beiden Vertragsparteien unterschrieben
waren.
Quellen: interne Tilos-Mailingliste,
http://444.hu/2014/10/18/nem-szkenneltek-be-a-palyazati-lapok-hatoldalait-bukta-a-tilos-a-frekvenciapalyazatot/
http://tilos.hu/
http://cink.hu/a-hatalom-a-tilos-radiot-kostolgatja-1647967866/all