die parkwächter in budapest sind ein eigenartiges völkchen. abgesehen davon, daß viele die grundschule nicht abgeschlossen und deshalb nicht einmal wirklich lesen können, verhalten sie sich nicht freundlich, sondern äußerst präpotent. sie spekulieren oft mit der unaufmerksamkeit der autofahrer (es werden strafzettel verteilt, auf denen sich die autonummer um eine ziffer von jener des parkenden autos unterscheidet - in der hoffnung, daß man die strafe einzahlt (ist mir auch schon passiert), und wirtschaften in die eigene tasche - es genügt ein zettel hinter der windschutzscheibe, in welchem laden sich der fahrer gerade aufhält; neuerdings werden neben strafen, die gar nicht ans auto geheftet werden (das bringt im späteren dann mehr: mahnung usw.), von vielen parkwächtern auch autos mit behindertenparkausweis gestraft. fakt ist, daß hier viele mit gefälschten oder gestohlenen ausweisen parken (bekannten, die berechtigterweise einen ausweis hatten, wurde deswegen das fenster eingeschlagen) - diese ausweise sieht man hinter der windschutzscheibe von neuen bmws, mercedes, geländewagen; aber ist das die lösung? alle mit behindertenausweisen zu strafen; mit so fadenscheinigen begründungen wie ausweis nicht überprüfbar, seriennummer nicht sichtbar usf.? und wie können sich einfache parkwächter anmaßen, zwischen gut und böse unterscheiden zu können - durch glas hindurch und des lesens kaum mächtig?
Montag, 23. März 2009
Dienstag, 10. März 2009
geschwindigkeitsbeschränkungen sind sinnlos!
bei so einer überschrift möchte man fast an die deutschen autobahnen denken; es geht aber hier um eine novellierung der ungarischen stvo und zwar dergestalt, daß die polizei dem verkehrsministerium vorgeschlagen hat, bei ungesicherten fußgängerübergängen den autofahrern gesetzlich vorzuschreiben, die geschwindigkeit auf höchstens 30 kmh zu verringern. diese gesetzesvorlage hat eine konkrete vorgeschichte (wer hier in ungarn verkehrt, weiß, daß autofahrer nur dann vor dem zebrastreifen stehenbleiben, wenn die hölle einfriert): letztes jahr war auf einem zebrastreifen in pécs eine großmutter, die einen kinderwagen schob, mit ihrem enkel zu tode gefahren worden. vor einigen tagen wurde ein älteres ehepaar in budapest auf dem zebrastreifen todgefahren.
das verkehrsministerium hat diesen gesetzesvorschlag mit der begründung zurückgeschmettert, daß sich an diese vorschrift, wie an die vorschrift vor bahnübergängen die geschwindigkeit zu reduzieren, sowieso keiner halten wird. republik schilda oder nicht?
das verkehrsministerium hat diesen gesetzesvorschlag mit der begründung zurückgeschmettert, daß sich an diese vorschrift, wie an die vorschrift vor bahnübergängen die geschwindigkeit zu reduzieren, sowieso keiner halten wird. republik schilda oder nicht?
Mittwoch, 4. März 2009
Wie viel man in Ungarn verdient
In Ungarn gibt es ein Mindestgehalt, das bezahlt werden muß. Es liebt bei ungefähr 50.000 Forint (162 €) für Leute ohne Hochschulabschluß, wenn man Hochschulabschluß hat, beträgt es ungefähr das Doppelte.
Nach sieben Jahren Unterricht an der Uni verdiene ich 106.000 Ft. (ca. 344 Euro) Zusammen mit dem Karenzgeld meiner besseren Hälfte (rund 20.000 Ft. ~ 65 Euro), verfügen wir also monatlich über 409 Euro, um unser Leben zu bestreiten.
Kosten für Miete fallen keine an, weil die Wohnung vor einigen Jahren aus lange erspartem Geld erworben wurde.
104 € Betriebskosten (Heizung, Wasser)
23 € Strom
3 € Gas (zum Kochen)
130 € Nahrungsmittel (nichts Exklusives: Kartoffel, Fleisch, Käse, wenig Gemüse, viel Reis)
23 € Internet
29 € Festnetztelefon, Handys
46 € Garage
50 € Autoversicherung
49 € Zigaretten
6 € Haushaltsversicherung
0 € Kleidung, Kultur, Benzin, Reparaturen
463 € insgesamt
Wir haben also ein Minus von 54 €. Ja, das könnte man zB. mit den Zigaretten einsparen. Dann wäre man aber immer noch erst bei pari und es wäre immer noch kein Geld für Kultur, Kleidung, Benzin, Reparaturen, Medikamente oder gar Urlaub vorhanden. Ich gehöre in Ungarn zu denen, die nicht so schlecht verdienen.
Nach sieben Jahren Unterricht an der Uni verdiene ich 106.000 Ft. (ca. 344 Euro) Zusammen mit dem Karenzgeld meiner besseren Hälfte (rund 20.000 Ft. ~ 65 Euro), verfügen wir also monatlich über 409 Euro, um unser Leben zu bestreiten.
Kosten für Miete fallen keine an, weil die Wohnung vor einigen Jahren aus lange erspartem Geld erworben wurde.
104 € Betriebskosten (Heizung, Wasser)
23 € Strom
3 € Gas (zum Kochen)
130 € Nahrungsmittel (nichts Exklusives: Kartoffel, Fleisch, Käse, wenig Gemüse, viel Reis)
23 € Internet
29 € Festnetztelefon, Handys
46 € Garage
50 € Autoversicherung
49 € Zigaretten
6 € Haushaltsversicherung
0 € Kleidung, Kultur, Benzin, Reparaturen
463 € insgesamt
Wir haben also ein Minus von 54 €. Ja, das könnte man zB. mit den Zigaretten einsparen. Dann wäre man aber immer noch erst bei pari und es wäre immer noch kein Geld für Kultur, Kleidung, Benzin, Reparaturen, Medikamente oder gar Urlaub vorhanden. Ich gehöre in Ungarn zu denen, die nicht so schlecht verdienen.
Montag, 2. März 2009
Ungarn - Hass und Antisemitismus fest verankert
Seit in Ungarn rechtsextreme Gruppen immer öfter auf die Straße gehen, beschäftigt sich auch die Innenpolitik mit Fremdenhass und Antisemitismus. Eine aktuelle Studie zeigt, rechtsextremes Gedankengut ist weit verbreitet.
Von Reinhold Vetter
In einer neuen, repräsentativen Studie weist der Budapester Soziologe Pal Tamas nach, dass rechtsradikale Ideologie nicht nur von rechtsextremistischen Randgruppen verbreitet wird, sondern in Teilen der ungarischen Gesellschaft tief verankert ist. "Wir finden solche Denkmuster in allen politischen Lagern", sagt Tamas. Damit seien sie ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung vorgedrungen.
Knapp 16 Prozent der von ihm und seinen Mitarbeitern Befragten meinten, dass ihre politischen Auffassungen extrem rechts seien. Weitere 29 Prozent definierten ihren Standpunkt als rechts von der Mitte. In der Studie wird auch nachgewiesen, dass gerade Teile der Wählerschaft der großen Parteien für Fremdenhass und Antisemitismus anfällig sind. Das gelte für 50 Prozent der Wähler der Partei Fidesz und 30 Prozent der Wähler der sozialdemokratischen MSZP. Die oppositionelle, konservative Bürgerbewegung Fidesz des früheren Regierungschefs Viktor Orban kommt in den aktuellen Parteiumfragen auf etwa 40 Prozent, die sozialistische MSZP von Premier Ferenc Gyurcsany auf gut 20 Prozent.
Aber nicht nur die Parteien sind Einfallstore für rechtsextremes Gedankengut. Auch einflussreiche Medien wie der private Fernsehsender Echo TV und die Tageszeitung "Magyar Hirlap" verbreiten Xenophobie und Antisemitismus. Bei einer Tagung des Budapester Forschungsinstituts "Demos Hungary" über "Rechtsradikalismus und Medien" erklärte die Soziologin Judit Barta: "Im Vergleich mit der gesamten EU gibt es in Ungarn ein überdurchschnittlich einflussreiches Mediennetzwerk, das rechtsradikale Ideologie präsentiert."
Hass auf "die Roma"
Im Zentrum dieser Ideologie steht der Hass auf die Roma. 69 Prozent der von Pal Tamas und seinen Mitarbeitern Befragten nannten diese gerade auch in Ungarn sehr zahlreiche Minderheit "asozial" und "ungarnfeindlich". Virulent ist außerdem der Antisemitismus. Die von Tamas vertretene Einschätzung, dass jeder dritte Ungar judenfeindliche Meinungen vertrete, wird auch von den Wissenschaftlern anderer Budapester Forschungsinstitute wie Tarki geteilt. Beide Phobien korrespondieren mit einer allgemeinen Ablehnung gegenüber Ausländern und sonstigen "Fremden".
Fragt man nach den Hintergründen, dann verweisen Wissenschaftler insbesondere auf zwei Aspekte. Zum einen, so heißt es, seien bestimmte Denkmuster aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen bis heute wirksam. Daran hätten auch die Jahrzehnte realsozialistischer Herrschaft kaum etwas geändert. Zum anderen fühlten sich viele Ungarn durch die Auswirkungen der Globalisierung, des internationalen Kapitaltransfers und der EU-Mitgliedschaft ihres Landes in ihrer Existenz bedroht. "Sie fühlen sich als Opfer und machen dafür Schichten der Gesellschaft verantwortlich, die sie als nicht ungarisch empfinden", sagt die Budapester Kulturwissenschaftlerin Magdalena Marsovszky.
Da viele Wähler, die für rechtsextremes Gedankengut anfällig sind, den großen Parteien treu bleiben, hatten die kleinen rechtsextremistischen Gruppen wie "Jobbik" und "Ungarische Garde" keine Chance, ins Parlament einzuziehen. Bei der letzten Parlamentswahl bekamen sie zusammen etwa zwei Prozent der Stimmen. Viele Wähler denken radikal, aber sie lehnen Randalieren ab. Und diese Gruppierungen zeichnen sich ja gerade durch gewalttätiges Auftreten in den Straßen ab. "Sie sind somit in erster Linie ein Problem der öffentlichen Sicherheit", sagt Gabor Györi von "Demos Hungary".
Drohungen gegen Richterin
Der Prozess wegen eines möglichen Verbots der "Ungarischen Garde" zieht sich allerdings seit Monaten hin. Die Richterin, die ursprünglich das Verfahren leitete, wurde ausgetauscht, nachdem sie massiv durch die rechtsextreme Szene bedroht worden war. Aber es gibt auch juristische Hindernisse. So hat das ungarische Verfassungsgericht die Anwendung des Paragrafen, der Hetze gegen die Gemeinschaft und gegen Minderheiten unter Strafe stellt, von weitreichenden Bedingungen abhängig gemacht. Dazu zählt die Festlegung, dass derlei Straftaten "vor einer großen Öffentlichkeit" ausgeführt werden müssen, was sich nicht immer für das Auftreten der rechtsextremistischen Gruppen nachweisen lässt.
Diejenigen Wähler, die rechts- oder gar rechtsextrem denken, sind ein Potenzial, auf das die großen Parteien nicht verzichten wollen. Das gilt besonders für die bürgerlich-konservative Oppositionspartei Fidesz, die zwar Auswüchse der rechtsextremistischen Szene kritisiert, sich aber nie systematisch von ihr abgegrenzt hat. Fidesz-Chef Orban machte wiederholt die verharmlosende Bemerkung: "Man sollte ihnen ein paar Ohrfeigen geben und sie nach Hause schicken." Auch einzelne Fidesz-Funktionäre sind nicht frei von antisemitischen Denkweisen.
Ungarns sozialistischer Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany hat immerhin im Sommer die "Ungarische Demokratische Charta" initiiert, die seither wiederholt öffentlich gegen die rechtsextreme Szene aufgetreten ist. Aber das allein ist noch kein wirksames Mittel gegen Phobien wie Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus, von denen auch so mancher seiner Parteigenossen nicht frei ist.
Insgesamt ist der Widerstand engagierter Bürger gegen das Auftreten rechtsextremer Propheten und deren Einfluss noch relativ schwach. "Betroffene Gruppen der Gesellschaft müssen also weiter mit ihrer Angst leben", sagt Gabor Györi von "Demos Hungary".
Dieser Artikel erschien am 7.Oktober 2008 im Handelsblatt. Wir bedanken uns für die freundliche Unterstützung.
http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/ungarns-rechtsextreme-auf-dem-vormarsch
Von Reinhold Vetter
In einer neuen, repräsentativen Studie weist der Budapester Soziologe Pal Tamas nach, dass rechtsradikale Ideologie nicht nur von rechtsextremistischen Randgruppen verbreitet wird, sondern in Teilen der ungarischen Gesellschaft tief verankert ist. "Wir finden solche Denkmuster in allen politischen Lagern", sagt Tamas. Damit seien sie ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung vorgedrungen.
Knapp 16 Prozent der von ihm und seinen Mitarbeitern Befragten meinten, dass ihre politischen Auffassungen extrem rechts seien. Weitere 29 Prozent definierten ihren Standpunkt als rechts von der Mitte. In der Studie wird auch nachgewiesen, dass gerade Teile der Wählerschaft der großen Parteien für Fremdenhass und Antisemitismus anfällig sind. Das gelte für 50 Prozent der Wähler der Partei Fidesz und 30 Prozent der Wähler der sozialdemokratischen MSZP. Die oppositionelle, konservative Bürgerbewegung Fidesz des früheren Regierungschefs Viktor Orban kommt in den aktuellen Parteiumfragen auf etwa 40 Prozent, die sozialistische MSZP von Premier Ferenc Gyurcsany auf gut 20 Prozent.
Aber nicht nur die Parteien sind Einfallstore für rechtsextremes Gedankengut. Auch einflussreiche Medien wie der private Fernsehsender Echo TV und die Tageszeitung "Magyar Hirlap" verbreiten Xenophobie und Antisemitismus. Bei einer Tagung des Budapester Forschungsinstituts "Demos Hungary" über "Rechtsradikalismus und Medien" erklärte die Soziologin Judit Barta: "Im Vergleich mit der gesamten EU gibt es in Ungarn ein überdurchschnittlich einflussreiches Mediennetzwerk, das rechtsradikale Ideologie präsentiert."
Hass auf "die Roma"
Im Zentrum dieser Ideologie steht der Hass auf die Roma. 69 Prozent der von Pal Tamas und seinen Mitarbeitern Befragten nannten diese gerade auch in Ungarn sehr zahlreiche Minderheit "asozial" und "ungarnfeindlich". Virulent ist außerdem der Antisemitismus. Die von Tamas vertretene Einschätzung, dass jeder dritte Ungar judenfeindliche Meinungen vertrete, wird auch von den Wissenschaftlern anderer Budapester Forschungsinstitute wie Tarki geteilt. Beide Phobien korrespondieren mit einer allgemeinen Ablehnung gegenüber Ausländern und sonstigen "Fremden".
Fragt man nach den Hintergründen, dann verweisen Wissenschaftler insbesondere auf zwei Aspekte. Zum einen, so heißt es, seien bestimmte Denkmuster aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen bis heute wirksam. Daran hätten auch die Jahrzehnte realsozialistischer Herrschaft kaum etwas geändert. Zum anderen fühlten sich viele Ungarn durch die Auswirkungen der Globalisierung, des internationalen Kapitaltransfers und der EU-Mitgliedschaft ihres Landes in ihrer Existenz bedroht. "Sie fühlen sich als Opfer und machen dafür Schichten der Gesellschaft verantwortlich, die sie als nicht ungarisch empfinden", sagt die Budapester Kulturwissenschaftlerin Magdalena Marsovszky.
Da viele Wähler, die für rechtsextremes Gedankengut anfällig sind, den großen Parteien treu bleiben, hatten die kleinen rechtsextremistischen Gruppen wie "Jobbik" und "Ungarische Garde" keine Chance, ins Parlament einzuziehen. Bei der letzten Parlamentswahl bekamen sie zusammen etwa zwei Prozent der Stimmen. Viele Wähler denken radikal, aber sie lehnen Randalieren ab. Und diese Gruppierungen zeichnen sich ja gerade durch gewalttätiges Auftreten in den Straßen ab. "Sie sind somit in erster Linie ein Problem der öffentlichen Sicherheit", sagt Gabor Györi von "Demos Hungary".
Drohungen gegen Richterin
Der Prozess wegen eines möglichen Verbots der "Ungarischen Garde" zieht sich allerdings seit Monaten hin. Die Richterin, die ursprünglich das Verfahren leitete, wurde ausgetauscht, nachdem sie massiv durch die rechtsextreme Szene bedroht worden war. Aber es gibt auch juristische Hindernisse. So hat das ungarische Verfassungsgericht die Anwendung des Paragrafen, der Hetze gegen die Gemeinschaft und gegen Minderheiten unter Strafe stellt, von weitreichenden Bedingungen abhängig gemacht. Dazu zählt die Festlegung, dass derlei Straftaten "vor einer großen Öffentlichkeit" ausgeführt werden müssen, was sich nicht immer für das Auftreten der rechtsextremistischen Gruppen nachweisen lässt.
Diejenigen Wähler, die rechts- oder gar rechtsextrem denken, sind ein Potenzial, auf das die großen Parteien nicht verzichten wollen. Das gilt besonders für die bürgerlich-konservative Oppositionspartei Fidesz, die zwar Auswüchse der rechtsextremistischen Szene kritisiert, sich aber nie systematisch von ihr abgegrenzt hat. Fidesz-Chef Orban machte wiederholt die verharmlosende Bemerkung: "Man sollte ihnen ein paar Ohrfeigen geben und sie nach Hause schicken." Auch einzelne Fidesz-Funktionäre sind nicht frei von antisemitischen Denkweisen.
Ungarns sozialistischer Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany hat immerhin im Sommer die "Ungarische Demokratische Charta" initiiert, die seither wiederholt öffentlich gegen die rechtsextreme Szene aufgetreten ist. Aber das allein ist noch kein wirksames Mittel gegen Phobien wie Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus, von denen auch so mancher seiner Parteigenossen nicht frei ist.
Insgesamt ist der Widerstand engagierter Bürger gegen das Auftreten rechtsextremer Propheten und deren Einfluss noch relativ schwach. "Betroffene Gruppen der Gesellschaft müssen also weiter mit ihrer Angst leben", sagt Gabor Györi von "Demos Hungary".
Dieser Artikel erschien am 7.Oktober 2008 im Handelsblatt. Wir bedanken uns für die freundliche Unterstützung.
http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/ungarns-rechtsextreme-auf-dem-vormarsch
Rechtsextremismus in Ungarn: Zunehmend gewalttätig gegen Roma, Liberale und Juden
In Ungarn finden derzeit allwöchentlich "Demonstrationen" statt, die mit Lynchstimmung verbunden sind. Das "Blood & Honour"-Treffen Mitte Februar gehört dabei inzwischen zu den gemäßigteren Veranstaltungen.
Von Magdalena Marsovszky, Budapest
Während Mitte Februar in Dresden 6.000 Neonazis aufmarschierten, fand zeitgleich in Budapest das internationale "Blood & Honour"-Treffen statt, das entsprechend auch internationale Aufmerksamkeit erregt. Dabei ist dies bei weitem nicht die größte völkische und nazional-sozialistische "Demonstration" in Ungarn. Das Land und vor allem Budapest sind seit vielen Jahren Schauplatz von "Mobilisierungskampagnen" gegen "Juden" und "Zigeuner". Auch das Wochenende 13. und 14. Februar 2009 verging nicht ohne Angst und Lynchstimmung und viele meinen, dass Ungarn "nur noch Minuten" vom Ausbruch einer Gewaltwelle entfernt ist.
"Blood & Honour" auf dem Heldenplatz
International das meiste Aufsehen erregt immer wieder die seit 1997 von der "Blood & Honour Hungaria" organisierte Gedenkfeier zur Erinnerung an den 11. Februar 1945, genannt "Tag der Ehre", als mehrere zehntausend deutsche und ungarische Soldaten den Ausbruch aus der von der Roten Armee eingekesselten Burg von Budapest versuchten. Nur siebenhundert erreichten deutsch-ungarischen Frontlinien. Die Mehrzahl starb oder wurde gefangen genommen. Die Gedenkfeier fand dieses Jahr am 14. Februar statt und, wie in den Jahren zuvor, inmitten von Budapest, auf dem Heldenplatz.
Die Organisatoren dürften rechtlich gesehen gar nicht mehr existieren, denn sowohl die Bewegung "Blood & Honour Hungaria" als auch ihre Nachfolgeorganisation "Pax Hungarica" wurden vor einigen Jahren rechtskräftig aufgelöst. Der Antrag für die Veranstaltung wird deshalb seit Jahren "von einer Privatperson", nämlich von János Endre Domonkos, eingereicht, der an verschiedenen anderen national-sozialistischen Veranstaltungen in Ungarn als der Führer von "B&H Hungaria" oder als der von "Pax Hungarica" auftritt. Hinzukommt, dass die Polizei "das Hausrecht" im öffentlichen Raum am Heldenplatz "den Organisatoren" überließ, das heißt, dass nicht die staatliche Instanz, sondern jene "Organisatoren" bestimmten, welche Journalisten die Absperrzone zwischen den zwei Kordonen betreten durften, was ein Schlag ins Gesicht des demokratischen Rechtsstaates war.
Die Gegenkräfte sind schwach
Trotz eisiger Temperaturen versammelten sich knapp zweitausend ungarische, deutsche, italienische, slowenische, slowakische, tschechische, schwedische und englische Neonazis. Mit Widerstand mussten sie nicht rechnen, da die Antifaschisten in Ungarn sehr schwach sind. Dies ist einerseits der fortschreitenden Gewaltbereitschaft den "Antifas" gegenüber zuzuschreiben, andererseits der Tatsache, dass die "Antifaschisten" selbst vielfach verkürzt antikapitalistisch und antiglobalistisch, also mit Verschwörungstheorien argumentieren, ganz in der Art, die von der Wissenschaft als "Antisemitismus von links" bezeichnet wird. Traditioneller christlicher Antijudaismus, völkisches, autoritäres Denken, hegemoniale Strukturen, also ein Vielfaches an Demokratiedefizit potenzieren sich gegenseitig seit vielen Jahrzehnten in Ungarn und münden in der Militarisierung der Gesellschaft.
Zweitausend Neonazis hatten freies Spiel
Auch zu der Gedenkfeier "Day of Honour" erschienen zwar zwei Dutzend Antifaschisten, doch diese verstummten bald, und der Platz wurde gänzlich den Nazis überlassen. Sie und weitere 200 Sympathisanten, die außerhalb der Absperrzone standen, hörten den Reden zu, klatschten und sangen die ungarische und alle Strophen der deutschen Hymne mit. Neben internationalen Gästen, wie Stephen Swinfen ("B&H England") und Ralf Tegethoff aus Deutschland, die sich eher kurz hielten, sprachen der erste und zweite Mann von "B&H Hungaria", der bereits erwähnte János Endre Domonkos und Zoltán Illés länger.
Haupthetze: Antisemitismus und Antiziganismus
Den "Antifas" dürfte nicht bewusst sein, wie sehr ihre Argumente denen von Illés ähneln, wenn er die Schuld für die Misere in Europa und in Ungarn einer "internationalen Geldmacht" in die Schuhe schiebt, wie er das am "Tag der Ehre" tat. "Unsere Völker werden mit bewusst niederträchtigen Methoden zum Aussterben gebracht", fügte er hinzu. Dagegen helfe nur die internationale Vernetzung des national-sozialistischen Widerstandes, meinte János Endre Domonkos, deren Grundlage die Verbundenheit der beiden größten Nationen Europas, die "Deutsch-Ungarische Freundschaft" sei. "Dieser Bund wurde nicht auf dem Papier besiegelt" - sagte er, sondern "mit dem Blut deutscher und ungarischer Soldaten". Eine echte Blutsbruderschaft sei das, die unabhängig von Politikern und politischen Systemen in den Seelen beider Völker weiter lebe. "Möge aus dem Blut der gefallenen Helden ein neuer Trieb entstehen: das Europa der freien Nationen!" - rief er der Menge zu.
Treffen rechter ungarischer Gruppierungen
Von ungarischer Seite waren diesmal auch eine Gruppe der von der rechtsradikalen Jobbik (Partei für ein besseres, rechteres, richtigeres Ungarn) gegründeten paramilitärischen "Ungarischen Garde", die völkische "Jugendbewegung Vierungsechzig Komitate" (HVIM) mit László Toroczkai und die ebenfalls völkische "Bewegung Magyarische Selbstverteidigung" (MÖM) mit Géza Kovács vertreten, die regelmäßig gegen die "Herrschaft der Juden" und gegen die "Zigeunerkriminalität" demonstrieren und marschieren und oft viel mehr als zweitausend Sympathisanten zusammentrommeln können.
Tausende Demonstrationsteilnehmer für Hetze gegen Juden, Roma oder Homosexuelle sind keine Seltenheit
In der Relation zu anderen national-sozialistischen Veranstaltungen in Ungarn muss deshalb leider festgestellt werden, dass die Gedenkfeier zum "Tag der Ehre" inzwischen eher zu den kleineren und gemäßigteren gehört. Versammlungen mit zwei- bis dreitausend Teilnehmern, an denen offene antisemitische, antiziganistische und homophobe Hetze stattfindet, sind keine Seltenheit, wobei Ungarn um die 10 Millionen Einwohner hat. Am völkischen "Kulturfestival" mit der Bezeichnung "Magyarische Insel", das jeden August von der erwähnten "Jugendbewegung Vierungsechzig Komitate" (HVIM) veranstaltet wird, kommen sogar regelmäßig über zehntausend Menschen zusammen.
Die bürgerlichen Parteien heizen die Stimmung an, statt entgegen zu steuern
Gespeist wird diese Denkweise von den großen völkischen Parteien, der Fidesz-Bürgerlichen Union (Fidesz-MPSZ), der Christlich Demokratischen Volkspartei (KDNP) und von den völkischen Medien in ihrem Umkreis, deren Politik und Kommunikation vor allem daraus besteht, die Dichotomie zwischen "WIR" und "SIE" permanent lebendig zu halten.
Gerade am Freitag, dem 13. Februar, fand vor dem Parlament eine "Demonstration für die Pressefreiheit" statt, die von der Fidesz- und KDNP-nahen Tageszeitung "Magyar Hírlap" (Ungarisches Nachrichtenblatt) einberufen wurde. Für Sicherheit sorgte auch diesmal nicht die Polizei, sondern "unsere Garde für Ordnung", wie die deklariert arische Motorraddivision "Goj-Motorradfahrer" vom Chefredakteur bezeichnet wurde.
Ungarn vor einer "völkischen Wende"?
Hauptredner war der Eigentümer des Blattes, der Medienmagnat, Forintmilliardär und ehrenamtlicher Präsident der Ungarischen Arbeitgeber- und Industriellenvereinigung (MGYOSZ), Gábor Széles, der in einer künftigen, von Fidesz geleiteten Regierung als Wirtschaftsminister gehandelt wird. Der völkische Druck auf die Minderheitenregierung der Sozialisten ist so groß, dass man im Grunde jeden Moment mit einer "völkischen Wende" rechnen muss. Széles, dem auch das EchoTV gehört, steckte bereits über dreieinhalb Milliarden in sein Medienprojekt und ist zu weiteren Investitionen bereit, um diesen Prozess voranzutreiben.
Unter den Scharfmachern: Viele Medienmenschen
Ein weiterer Redner der "Demostration für die Pressefreiheit" war der "patriotische" Starjournalist Sándor Pörzse, Gründungsmitglied der Ungarischen Garde, der im EchoTV eine Sendung produziert, die regelmäßig mit folgendem, eingeblendetem Zitat endet: "Wie sehr auch in unseren heiligen Saaten fremde Rassen /.../ wühlen, /.../ mich durchdringt ein Gefühl: Ich bin ein Magyare, bete meine Rasse an und werde mich nicht ändern, eher sterbe ich!"
Ein anderer bekannter Starjournalist von Magyar Hirlap, Zsolt Bayer, guter Freund des Oppositionsführers Viktor Orbán, Gründungsmitglied der Fidesz-Bürgerlicher Union (heute ohne Parteibuch), redete zum Schluss. Er produziert eine Sendereihe im EchoTV mit dem Titel "Mélymagyar", was ein Ausdruck aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen ist und so viel heißt wie "Wurzelecht" oder "Rassenrein". An der "Demonstration" währte er sich gegen den Vorwurf des Antiziganismus und forderte, dass man die Dinge beim Namen nennen und das Wort "Zigeunerkriminalität" aussprechen könne. Er war es übrigens, der mit einem seiner Artikel die neuerliche Welle der Aggression auslöste. Nach einem von einem Roma verübten Mord an einem bekannten Sportler schrieb er in seinem Artikel, die Täter seien "keine Menschen, sondern mörderische Tiere, die uns ins Verderben stürzen wollen".
Sogar der Ministerpräsident warnt vor der Zeitung "Magyar Hírlap"
Als Reaktion darauf und auf die permanente Hetze seitens des Blattes forderte der sozialistische Ministerpräsident Gyurcsány, übrigens als erster Staatsmann der Nachwendezeit mit einer klaren Haltung gegen den Rassismus, alle staatlichen Unternehmen und Institutionen auf, ihre Abonnements von "Magyar Hírlap" zu kündigen und im Blatt keine Anzeigen mehr zu schalten. Dies sei "verfassungsfeindliche Verletzung der Pressefreiheit und der freien Meinungsäußerung", bezeichnete der Chefredakteur des Blattes Gyurcsánys Schritte, und meinte, man müsse sich gegen sie währen. Da auch der Oppositionsführer Viktor Orbán, Vorsitzender der Partei mit der größten Wählerpotanzial, voll hinter dem Blatt steht und vor "Roma-Straftätern" warnt, fühlten sich alle Redner bestätigt.
Gewalttaten gegen Roma und liberale Politiker nehmen zu
Der Bürgerrechtler, der im Juli letzten Jahres vor Morde warnte, sollte inzwischen Recht behalten. Häuser von Roma und von sozialliberalen Politikern werden immer wieder mit Molotowcocktails beworfen, wobei in den letzten drei Monaten vier Roma erschossen wurden, als sie gerade aus ihren brennenden Häusern flohen.
Hinter der "Zigeunerkriminalität" stünden die Sozialisten, die Liberalen und die ungarische liberale Intelligenz, sagte Bayer, deren Absicht es sei, Magyaren und Zigeuner gegeneinaner auszuspielen. Wenn man den Diskurs in Ungarn kennt, weiß man, dass hier - nach der Antisemitismustheorie - die Sozialisten, die Liberalen und die liberale Intelligenz im Bild des "kollektiven Juden" erscheinen, der als idealer Feind im Hintergrund die Fäden zieht und den es auszuschalten gilt.
Antisemitische Verschwörungstheorien als Grundlage
Dies kann durch ein Gespräch bestätigt werden, dass im EchoTV vor zwei Monaten zu sehen war. Auf die Frage des erwähnten Journalisten Pörzse, ob die "Hetze gegen die Zigeuner" von der gegenwärtigen sozialistischen Regierung ausgehe, sagte ein ehemaliger Polizeipsychologe: "Ja, die Hetze läuft gegen das Magyarentum. Die wollen einen Bürgerkrieg zwischen den Zigeunern und den Magyaren provozieren, damit sich die Mossad-Leute ins Fäustchen lachen können. Man muss wissen, dass Gyurcsány im Oktober 2006 die Instruktionen, wie er mit der Attake umgehen soll, direkt von Tel Aviv bekommen hat."
Und wie konkret nach alledem auch dieses Feindbild bestimmt werden kann, gegen das sich die Agression richtet, sprach die Kandidatin der rechtsradikalen Partei Jobbik für die EU-Wahlen, Dr. Krisztina Morvai, aus. Während sie sich an der "Demostration für die Pressefreiheit" eher zurückhielt, drohte sie an einer anderen Großdemonstration vor mehreren Tausend Menschen im September 2008: "Hat denn diese Rasse - habt Ihr keine Angst? Mein letzter Rat an die liberal-bolschewiken Zionisten, die unser Land ausraubten ist, sich damit zu beschäftigen, wohin sie fliehen und wo sie sich verstecken! Denn, es gibt keine Gnade!"
27.02.2009
(http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/rechtsextremismus-ungarn-gewalttaetig)
Von Magdalena Marsovszky, Budapest
Während Mitte Februar in Dresden 6.000 Neonazis aufmarschierten, fand zeitgleich in Budapest das internationale "Blood & Honour"-Treffen statt, das entsprechend auch internationale Aufmerksamkeit erregt. Dabei ist dies bei weitem nicht die größte völkische und nazional-sozialistische "Demonstration" in Ungarn. Das Land und vor allem Budapest sind seit vielen Jahren Schauplatz von "Mobilisierungskampagnen" gegen "Juden" und "Zigeuner". Auch das Wochenende 13. und 14. Februar 2009 verging nicht ohne Angst und Lynchstimmung und viele meinen, dass Ungarn "nur noch Minuten" vom Ausbruch einer Gewaltwelle entfernt ist.
"Blood & Honour" auf dem Heldenplatz
International das meiste Aufsehen erregt immer wieder die seit 1997 von der "Blood & Honour Hungaria" organisierte Gedenkfeier zur Erinnerung an den 11. Februar 1945, genannt "Tag der Ehre", als mehrere zehntausend deutsche und ungarische Soldaten den Ausbruch aus der von der Roten Armee eingekesselten Burg von Budapest versuchten. Nur siebenhundert erreichten deutsch-ungarischen Frontlinien. Die Mehrzahl starb oder wurde gefangen genommen. Die Gedenkfeier fand dieses Jahr am 14. Februar statt und, wie in den Jahren zuvor, inmitten von Budapest, auf dem Heldenplatz.
Die Organisatoren dürften rechtlich gesehen gar nicht mehr existieren, denn sowohl die Bewegung "Blood & Honour Hungaria" als auch ihre Nachfolgeorganisation "Pax Hungarica" wurden vor einigen Jahren rechtskräftig aufgelöst. Der Antrag für die Veranstaltung wird deshalb seit Jahren "von einer Privatperson", nämlich von János Endre Domonkos, eingereicht, der an verschiedenen anderen national-sozialistischen Veranstaltungen in Ungarn als der Führer von "B&H Hungaria" oder als der von "Pax Hungarica" auftritt. Hinzukommt, dass die Polizei "das Hausrecht" im öffentlichen Raum am Heldenplatz "den Organisatoren" überließ, das heißt, dass nicht die staatliche Instanz, sondern jene "Organisatoren" bestimmten, welche Journalisten die Absperrzone zwischen den zwei Kordonen betreten durften, was ein Schlag ins Gesicht des demokratischen Rechtsstaates war.
Die Gegenkräfte sind schwach
Trotz eisiger Temperaturen versammelten sich knapp zweitausend ungarische, deutsche, italienische, slowenische, slowakische, tschechische, schwedische und englische Neonazis. Mit Widerstand mussten sie nicht rechnen, da die Antifaschisten in Ungarn sehr schwach sind. Dies ist einerseits der fortschreitenden Gewaltbereitschaft den "Antifas" gegenüber zuzuschreiben, andererseits der Tatsache, dass die "Antifaschisten" selbst vielfach verkürzt antikapitalistisch und antiglobalistisch, also mit Verschwörungstheorien argumentieren, ganz in der Art, die von der Wissenschaft als "Antisemitismus von links" bezeichnet wird. Traditioneller christlicher Antijudaismus, völkisches, autoritäres Denken, hegemoniale Strukturen, also ein Vielfaches an Demokratiedefizit potenzieren sich gegenseitig seit vielen Jahrzehnten in Ungarn und münden in der Militarisierung der Gesellschaft.
Zweitausend Neonazis hatten freies Spiel
Auch zu der Gedenkfeier "Day of Honour" erschienen zwar zwei Dutzend Antifaschisten, doch diese verstummten bald, und der Platz wurde gänzlich den Nazis überlassen. Sie und weitere 200 Sympathisanten, die außerhalb der Absperrzone standen, hörten den Reden zu, klatschten und sangen die ungarische und alle Strophen der deutschen Hymne mit. Neben internationalen Gästen, wie Stephen Swinfen ("B&H England") und Ralf Tegethoff aus Deutschland, die sich eher kurz hielten, sprachen der erste und zweite Mann von "B&H Hungaria", der bereits erwähnte János Endre Domonkos und Zoltán Illés länger.
Haupthetze: Antisemitismus und Antiziganismus
Den "Antifas" dürfte nicht bewusst sein, wie sehr ihre Argumente denen von Illés ähneln, wenn er die Schuld für die Misere in Europa und in Ungarn einer "internationalen Geldmacht" in die Schuhe schiebt, wie er das am "Tag der Ehre" tat. "Unsere Völker werden mit bewusst niederträchtigen Methoden zum Aussterben gebracht", fügte er hinzu. Dagegen helfe nur die internationale Vernetzung des national-sozialistischen Widerstandes, meinte János Endre Domonkos, deren Grundlage die Verbundenheit der beiden größten Nationen Europas, die "Deutsch-Ungarische Freundschaft" sei. "Dieser Bund wurde nicht auf dem Papier besiegelt" - sagte er, sondern "mit dem Blut deutscher und ungarischer Soldaten". Eine echte Blutsbruderschaft sei das, die unabhängig von Politikern und politischen Systemen in den Seelen beider Völker weiter lebe. "Möge aus dem Blut der gefallenen Helden ein neuer Trieb entstehen: das Europa der freien Nationen!" - rief er der Menge zu.
Treffen rechter ungarischer Gruppierungen
Von ungarischer Seite waren diesmal auch eine Gruppe der von der rechtsradikalen Jobbik (Partei für ein besseres, rechteres, richtigeres Ungarn) gegründeten paramilitärischen "Ungarischen Garde", die völkische "Jugendbewegung Vierungsechzig Komitate" (HVIM) mit László Toroczkai und die ebenfalls völkische "Bewegung Magyarische Selbstverteidigung" (MÖM) mit Géza Kovács vertreten, die regelmäßig gegen die "Herrschaft der Juden" und gegen die "Zigeunerkriminalität" demonstrieren und marschieren und oft viel mehr als zweitausend Sympathisanten zusammentrommeln können.
Tausende Demonstrationsteilnehmer für Hetze gegen Juden, Roma oder Homosexuelle sind keine Seltenheit
In der Relation zu anderen national-sozialistischen Veranstaltungen in Ungarn muss deshalb leider festgestellt werden, dass die Gedenkfeier zum "Tag der Ehre" inzwischen eher zu den kleineren und gemäßigteren gehört. Versammlungen mit zwei- bis dreitausend Teilnehmern, an denen offene antisemitische, antiziganistische und homophobe Hetze stattfindet, sind keine Seltenheit, wobei Ungarn um die 10 Millionen Einwohner hat. Am völkischen "Kulturfestival" mit der Bezeichnung "Magyarische Insel", das jeden August von der erwähnten "Jugendbewegung Vierungsechzig Komitate" (HVIM) veranstaltet wird, kommen sogar regelmäßig über zehntausend Menschen zusammen.
Die bürgerlichen Parteien heizen die Stimmung an, statt entgegen zu steuern
Gespeist wird diese Denkweise von den großen völkischen Parteien, der Fidesz-Bürgerlichen Union (Fidesz-MPSZ), der Christlich Demokratischen Volkspartei (KDNP) und von den völkischen Medien in ihrem Umkreis, deren Politik und Kommunikation vor allem daraus besteht, die Dichotomie zwischen "WIR" und "SIE" permanent lebendig zu halten.
Gerade am Freitag, dem 13. Februar, fand vor dem Parlament eine "Demonstration für die Pressefreiheit" statt, die von der Fidesz- und KDNP-nahen Tageszeitung "Magyar Hírlap" (Ungarisches Nachrichtenblatt) einberufen wurde. Für Sicherheit sorgte auch diesmal nicht die Polizei, sondern "unsere Garde für Ordnung", wie die deklariert arische Motorraddivision "Goj-Motorradfahrer" vom Chefredakteur bezeichnet wurde.
Ungarn vor einer "völkischen Wende"?
Hauptredner war der Eigentümer des Blattes, der Medienmagnat, Forintmilliardär und ehrenamtlicher Präsident der Ungarischen Arbeitgeber- und Industriellenvereinigung (MGYOSZ), Gábor Széles, der in einer künftigen, von Fidesz geleiteten Regierung als Wirtschaftsminister gehandelt wird. Der völkische Druck auf die Minderheitenregierung der Sozialisten ist so groß, dass man im Grunde jeden Moment mit einer "völkischen Wende" rechnen muss. Széles, dem auch das EchoTV gehört, steckte bereits über dreieinhalb Milliarden in sein Medienprojekt und ist zu weiteren Investitionen bereit, um diesen Prozess voranzutreiben.
Unter den Scharfmachern: Viele Medienmenschen
Ein weiterer Redner der "Demostration für die Pressefreiheit" war der "patriotische" Starjournalist Sándor Pörzse, Gründungsmitglied der Ungarischen Garde, der im EchoTV eine Sendung produziert, die regelmäßig mit folgendem, eingeblendetem Zitat endet: "Wie sehr auch in unseren heiligen Saaten fremde Rassen /.../ wühlen, /.../ mich durchdringt ein Gefühl: Ich bin ein Magyare, bete meine Rasse an und werde mich nicht ändern, eher sterbe ich!"
Ein anderer bekannter Starjournalist von Magyar Hirlap, Zsolt Bayer, guter Freund des Oppositionsführers Viktor Orbán, Gründungsmitglied der Fidesz-Bürgerlicher Union (heute ohne Parteibuch), redete zum Schluss. Er produziert eine Sendereihe im EchoTV mit dem Titel "Mélymagyar", was ein Ausdruck aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen ist und so viel heißt wie "Wurzelecht" oder "Rassenrein". An der "Demonstration" währte er sich gegen den Vorwurf des Antiziganismus und forderte, dass man die Dinge beim Namen nennen und das Wort "Zigeunerkriminalität" aussprechen könne. Er war es übrigens, der mit einem seiner Artikel die neuerliche Welle der Aggression auslöste. Nach einem von einem Roma verübten Mord an einem bekannten Sportler schrieb er in seinem Artikel, die Täter seien "keine Menschen, sondern mörderische Tiere, die uns ins Verderben stürzen wollen".
Sogar der Ministerpräsident warnt vor der Zeitung "Magyar Hírlap"
Als Reaktion darauf und auf die permanente Hetze seitens des Blattes forderte der sozialistische Ministerpräsident Gyurcsány, übrigens als erster Staatsmann der Nachwendezeit mit einer klaren Haltung gegen den Rassismus, alle staatlichen Unternehmen und Institutionen auf, ihre Abonnements von "Magyar Hírlap" zu kündigen und im Blatt keine Anzeigen mehr zu schalten. Dies sei "verfassungsfeindliche Verletzung der Pressefreiheit und der freien Meinungsäußerung", bezeichnete der Chefredakteur des Blattes Gyurcsánys Schritte, und meinte, man müsse sich gegen sie währen. Da auch der Oppositionsführer Viktor Orbán, Vorsitzender der Partei mit der größten Wählerpotanzial, voll hinter dem Blatt steht und vor "Roma-Straftätern" warnt, fühlten sich alle Redner bestätigt.
Gewalttaten gegen Roma und liberale Politiker nehmen zu
Der Bürgerrechtler, der im Juli letzten Jahres vor Morde warnte, sollte inzwischen Recht behalten. Häuser von Roma und von sozialliberalen Politikern werden immer wieder mit Molotowcocktails beworfen, wobei in den letzten drei Monaten vier Roma erschossen wurden, als sie gerade aus ihren brennenden Häusern flohen.
Hinter der "Zigeunerkriminalität" stünden die Sozialisten, die Liberalen und die ungarische liberale Intelligenz, sagte Bayer, deren Absicht es sei, Magyaren und Zigeuner gegeneinaner auszuspielen. Wenn man den Diskurs in Ungarn kennt, weiß man, dass hier - nach der Antisemitismustheorie - die Sozialisten, die Liberalen und die liberale Intelligenz im Bild des "kollektiven Juden" erscheinen, der als idealer Feind im Hintergrund die Fäden zieht und den es auszuschalten gilt.
Antisemitische Verschwörungstheorien als Grundlage
Dies kann durch ein Gespräch bestätigt werden, dass im EchoTV vor zwei Monaten zu sehen war. Auf die Frage des erwähnten Journalisten Pörzse, ob die "Hetze gegen die Zigeuner" von der gegenwärtigen sozialistischen Regierung ausgehe, sagte ein ehemaliger Polizeipsychologe: "Ja, die Hetze läuft gegen das Magyarentum. Die wollen einen Bürgerkrieg zwischen den Zigeunern und den Magyaren provozieren, damit sich die Mossad-Leute ins Fäustchen lachen können. Man muss wissen, dass Gyurcsány im Oktober 2006 die Instruktionen, wie er mit der Attake umgehen soll, direkt von Tel Aviv bekommen hat."
Und wie konkret nach alledem auch dieses Feindbild bestimmt werden kann, gegen das sich die Agression richtet, sprach die Kandidatin der rechtsradikalen Partei Jobbik für die EU-Wahlen, Dr. Krisztina Morvai, aus. Während sie sich an der "Demostration für die Pressefreiheit" eher zurückhielt, drohte sie an einer anderen Großdemonstration vor mehreren Tausend Menschen im September 2008: "Hat denn diese Rasse - habt Ihr keine Angst? Mein letzter Rat an die liberal-bolschewiken Zionisten, die unser Land ausraubten ist, sich damit zu beschäftigen, wohin sie fliehen und wo sie sich verstecken! Denn, es gibt keine Gnade!"
27.02.2009
(http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/rechtsextremismus-ungarn-gewalttaetig)
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