Mittwoch, 16. Januar 2008

wie ich volkskundler geworden und hierhergekommen bin


ich habe in wien zu studieren begonnen. habe keine sau gekannt, bin also im ersten jahr sehr einsam gewesen im studentenheim und überhaupt. in österreich gibt's keinen solchen zusammenhalt mehr zwischen den studenten bzw. hat es ihn 1991 nicht mehr gegeben. die gleichgültigkeit war dort schon weiter fortgeschritten als hier. es ist mir also nicht gelungen, innerhalb eines jahres jemanden kennenzulernen, mit dem man plaudern, sich ab und zu treffen hätte können. ich war sehr viel allein. der bub vom land plötzlich in der großen stadt. wenige menschen ertragen solche einsamkeit, ohne sich irgendetwas anzutun. auch ich habe mir was angetan: ich habe zu fressen begonnen. habe mich von meinem normalgewicht - 78 kg bei 1,80 m - innerhalb von 8 monaten um 20 kg entfernt. ich habe mir also 20 kg hinaufgefressen.
auch meine studienwahl war von anfang an unglücklich: ich habe mit anglistik begonnen, nebenbei finno-ugristik. an der uni wien studierten damals 2.500 leute anglistik. also keine chance, irgendjemanden kennenzulernen. dann hab ich es mit publizistik versucht (4.000 studenten). und dann hab ich zufällig eine klassenkameradin aus der mittelschule getroffen, die ähnliche probleme gehabt hat. sie hat mich gefragt, ob ich mir nicht mit ihr das institut für volkskunde anschauen möchte - die beschäftigten sich mit bräuchen usf. hat sie gemeint. dann sind wir dort hingegangen. ein ganz kleines institut war das, heruntergekommen. bei der eingangstür ist eine kaffeemaschine gestanden mit häferln und der einem hangeschriebenen zettel: die pt. kollegen werden gebeten, die häferl nach dem kaffeekonsum abzuwaschen.
im sekretariat war ein riesiges chaos, das instutsfaktotum (ein 55jähriger mann, der ein bißchen zu klein geraten war und einen langen grauen bart trug) saß inmitten von bücherstößen und hatte einen großen vogelkäfig mit zebrafinken aufgehängt, ein bonsai stand im fenster, der hund der sekretärin (wie ich später erfuhr) lag mitten im weg, so daß man über ihn klettern mußte, wenn man sich am pult nach etwas erkundigen wollte...
dort bin ich dann geblieben. 80 studenten am ganzen institut. und dazu die finno-ugristik, wo es genauso viele waren.
es hatte was mit der überschaubarkeit des institutes zu tun und uninteressant war das ganze nicht, muß ich sagen; auf jeden fall interessanter als englische literatur oder ähnliches gewäsch.
es hat lange gedauert, bis ich fertig geworden bin - erst 2001 hab ich mein diplom gemacht; mit einer diplomarbeit über die csíksomlyói búcsú, einer ungarischen wallfahrt in siebenbürgen.

warum/wie ich nach/auf ungarn gekommen bin?
in unserem gymnasium fand ich auf dem schwarzen brett im jahre 1989 einen hangeschriebenen zettel mit adressen von schülern aus ungarn, die gern einen brieffreund hätten. ich hab mit ein paar adressen ausgesucht und geschrieben. ein gewisser lajos himmel aus kőbánya hat mir zurückgeschrieben, in schlechtem englisch und lauter uninteressantes und belangloses zeug. ich habe zurückgeschrieben, das ist so ein paar mal passiert und dann hat mich dieser lali nach ungarn eingeladen. ich will hier die folgenden schrecklichen ereignisse nicht weiter beschreiben (er hat sich eigentlich nicht um mich, sondern nur um seine freundin gekümmert, das tag und nacht, intensivst, auch neben mir).
nachdem ich damals noch diplomatischer war als heute, suchte ich nach einer möglichkeit - von ihm wegzukommen, ohne ihn zu beleidigen (ich habe von ihm seitdem nichts mehr gehört). ich ließ mir ein telegramm von zuhause schicken, daß ich dringend nach hause müßte. und im zug nach hause (am 11. august 1990) hab ich dann ein mädchen kennengelernt (anikó - worüber ich heute noch schmunzeln muß: ich dachte mir, anikó sei ein japanischer name, er klingt eigentlich auch heute noch japanisch für mich, und ich konnte nicht verstehen, warum ein ungarisches mädchen einen japanischen namen haben sollte), hab mit ihr briefeschreiben begonnen, dann hat sie mich eingeladen und gleich schlecki-schlucki usf. das ganze hat anderthalb jahre gedauert, sie hat dann einen deutschen geheiratet - hat zwei kinder und ist schon wieder geschieden. jetzt ist sie in budapest und das feuer, das dereinst in ihren augen gelodert hatte, ist verloschen.

der grundstein für eine engere beziehung mit ungarn war also gelegt.
dann war ich in 95/96 in debrecen studieren. liebe usw. später dann in budapest und bin halt hier geblieben.
habe alles mögliche gearbeitet, die eine zeitung, die andere zeitung; übersetzungen und dann schließlich diese arbeit an der tu bekommen.
so schaut's aus.

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